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„Kinder sind keine kleinen Erwachsenen“

Das bekannte Zitat der Pädagogin Maria Montessori gilt auch in der Kinderkardiologie. Das hat die Assistenzärztin Dr. Ezgi Sönmez in ihrer Doktorarbeit nachgewiesen, mit der sie Referenzwerte zur kardiopulmonalen Leistungsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen erhoben hat.

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Vor sechs Jahren kam die junge Assistenzärztin nach Ostwestfalen. Sie ist in der Türkei geboren und hat in Istanbul studiert. Zwei Jahre nach dem Berufsstart im Zentrum für angeborene Herzfehler begann sie ihre Fachweiterbildung zur Kinderärztin im Kinderzentrum in Bielefeld.

Die Idee, die Spiroergometrie in den Fokus einer wissenschaftlichen Arbeit zu rücken, entstand schon 2019. Als angehende Kinderärztin interessierte sie die Frage, wie sich Kinder und Jugendliche in ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit im Vergleich zum Erwachsenen entwickeln. In Dr. Karl-Otto Dubowy fand Ezgi Sönmez einen begeisterten Fürsprecher für das Vorhaben. Der erfahrene Oberarzt und Kinderkardiologe führt seit vielen Jahren am HDZ NRW Herz-Kreislauf-Screenings und Sporttauglichkeitsuntersuchungen bei gesunden und kranken Kindern und Jugendlichen durch. 

Wie stark sollten sich gesunde Heranwachsende beim Sport belasten? Und welche Belastungen sind eigentlich angemessen hinsichtlich Gesundheit oder Training?

„Bislang gab es im Kinder- und Jugendbereich wenig wissenschaftlich begründete Empfehlungen für Richtwerte“, erläutert Dubowy.

Komplexe Datenerhebung

Um das zu ändern, mussten zunächst Untersuchungsdaten erhoben und wissenschaftlich ausgewertet werden. Das hat einige Zeit gedauert. Insgesamt hat Ezgi Sönmez mit Unterstützung von Dr. Dubowy die Daten von 779 Probandinnen und Probanden im Alter von fünf bis 18 Jahren zusammengeführt, die an einer spiroergometrischen Untersuchung im Zentrum für angeborene Herzfehler teilgenommen haben. Entsprechend lautet der Titel ihrer jüngst abgeschlossenen Arbeit: „Referenzwerte für die spiroergometrische Leistungsdiagnostik auf dem Fahrrad für gesunde Kinder, Jugendliche und Erwachsene für Sauerstoffpuls und Herzfrequenz in Ruhe, an der ventilatorisch bestimmten Schwelle und bei Belastungsabbruch – Vergleich der Ergebnisse für Fahrrad- und Laufbandergometer.“

Die Erkenntnisse ihrer schriftlichen Doktorarbeit hat sie Ende 2023 im mündlichen Examen an der Ruhr-Universität Bochum mit einem Vortrag und anschließender Diskussion erfolgreich verteidigt. „Wachstumsbedingt gibt es bei Kindern und Jugendlichen im Vergleich zu Erwachsenen viel größere Leistungsunterschiede“, betont Sönmez. „Das kann leider dazu führen, dass Heranwachsende fälschlicherweise als krank eingestuft werden, obwohl sie eigentlich kerngesund sind.

Auch der Einfluss der Pubertät kann sich wesentlich in ganz unterschiedlichen Leistungswerten niederschlagen.“

Spiroergometrie ist ein diagnostisches Verfahren, bei dem durch die Messung von Atemgasen bei körperlicher Belastung z.B. während eines Fahrrad- oder Laubandtrainings die Reaktion von Herz, Kreislauf, Atmung, Muskulatur und Stoffwechsel sowie die Leistungsfähigkeit von Herz und Lunge qualitativ und quantitativ untersucht wird. Auf dem Laufband können dabei grundsätzlich größere Belastungsgrenzen erreicht werden als beim Fahrradfahren. Der Grund: Bei aufrechter Körperhaltung kann in der Lunge mehr Sauerstoff umgesetzt werden.

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